kunst en design

Aussicht

Hier findet ihr die Geschichten von unserer Reise nach Kap Verde.
…mit Einsichten, die man nicht plant – die einen aber trotzdem finden.


10      007 Lady’s Fire   

Kapverden – ein afrikanisches Land mit gutem Ruf, ohne Kriege und weit entfernt von allen Brandherden. So hatten wir es geglaubt.

Bis zu dem Tag, an dem ich mit einiger Mühe eine Nachricht im Internet entziffern konnte und sie mir ungläubig noch einmal laut vorlas: Ein Schiff mit Munition und gefährlichen Raketen, auf dem Weg nach Mindelo.

Die Marianne Danica, ein Frachter unter dänischer Flagge,
mit achtzehn Containern voller 155-Millimeter-Geschosse –
jene Art, die anderswo Rauch und Stille hinterlässt.
Sie war auf dem Weg nach Israel, wollte tanken in Mindelo.

Großes Leid kommt plötzlich ganz nah.

Geht das einfach so? Müssen wir das zulassen?
Wie ist man denn beteiligt – am Kriegsgeschehen –wenn man mitwirkt? Und wie, wenn man sich weigert?

Ich fragte mich, was ich tun würde, wenn ich entscheiden müsste. Zuerst wollte ich herausfinden, was wirklich vor sich ging.Ich brauchte Rat.

Und da meldete sich Aren – ein guter alter Freund, einer, den man in jeder Lebensphase einmal wiedertrifft,
meist genau im richtigen Moment. So auch jetzt.
Er wollte wissen, wie es uns ging,und nachdem er meine Sorgen gehört hatte, machte er sich sofort an die Arbeit.Keine internationale Gesetzgebung ist ihm fremd, und er kennt die Welt, als wäre sie sein eigenes Dorf.

Wäre es möglich, ein solches Ungetüm abzulehnen, ohne politisch Stellung zu beziehen?
Wie machen das andere Inseln?
Und tatsächlich fand er ein Gesetz auf Malta, das genau das regelte – klar und sachlich.
Ohne zu zögern entwarf er einen Vorschlag, der auch für Kapverden passen würde.

Ich bin ja nur ein kleines Rädchen,doch ich fasste den Mut, diesen Gesetzesentwurf gleich in den Kommentaren unter der Nachricht zu posten.
Mit einer kurzen Erklärung, warum ich mir Sorgen machte. Kein Protest, kein Pamphlet – nur ein Vorschlag,
eine Frage an das Gewissen. Ein Text, der als Tropfen begann und als Welle endete:
ein Aufruf an die Regierung, ein Gesetz zu schaffen, das alle militärischen Ladungen abweist,
damit die Neutralität der Inseln kein Zufall mehr ist, sondern eine Entscheidung.
Es war unsere beider Stimme – die Stimme der Vernunft und des Gefühls,
zwei Denker, die sich weigerten, wegzusehen.

Die Reaktion… war ein einziges pures Schweigen.

Aren hatte noch herausgefunden, dass das Schiff schon früher in Mindelo gewesen war und damals zugelassen wurde, weil keine Sanktionen bestanden.

Viel Hoffnung sollte ich mir also nicht machen.
Doch als ich den Beitrag veröffentlichte, spürte ich eine Klarheit und Ruhe im Herzen,
die sich gibt in Hoffen auf ein Wunder, wie im Gebet.

Einen Tag später kam die Nachricht:

Die Marianne Danica durfte in Mindelo nicht bunkern!

Es gab keine Rede, keine Erklärung,
aber in den Straßen lag ein leiser, unausgesprochener Stolz.
Der Hafen blieb ruhig, das Wasser glatt. Und irgendwo in der Ferne fuhr das Schiff weiter –
mit einer teuflischen Mission und wenig Treibstoff.

Am Abend blickte ich über die Bucht und dachte:
Es sind solche Momente, in denen sich Geschichte nicht als großes Ereignis zeigt,
sondern als kurzer Atemzug von Mut –
eine Weigerung, die wie ein Segen wirkt.
Als hätte das Meer selbst gesagt: nicht hier.

Manchmal ist das genug.
Manchmal ist das Weigern die schönste Form des Empfangens.
Alsob der Meister sagt, ja gut so, stell deine Grenzen auch wenn es noch so bizar und unwirklich erscheint, 
tu alles was du kannst wenn es dir wichtig ist.

Ob mein Beitrag wirklich irgendwo ein kleines Licht entzündet hat, weiß ich natürlich nicht.

Aber als wenige Tage später eine Meldung erschien,
dass das Schiff auf Grundlage eines bestehenden Gesetzes abgewiesen wurde –
eines Gesetzes, das Sicherheitsbedenken aus der Bevölkerung
als legitimen Grund anerkennt, Schiffe zu verweigern –
da fühlte ich mich heimlich doch ein wenig wie ein Geheimagent.

Inzwischen ist die Marianne Danica aan Malta voorbij gefahren und hat auch anscheinend 
hier keine Erlaubnis erhalten um Voorrat und Brandstof zu Bunkern. 

 

9 Abgesägt und Angelacht

Es begann, wie so vieles hier, mit einem guten Plan.
Die Küche im Haus ist mit alten, formidablen Marmorarbeitsplatten ausgestattet.
Eine Farbe, die am ehesten an einen lästigen Sonnenbrand erinnert – aber noch intakt ist.
Nur auf einer Seite musste etwas Neues her, weil wir dort ein Kochfeld einbauen wollten.
Eine Arbeitsplatte aus solidem Holz, ordentlich zugeschnitten, stabil genug, um sich unbesorgt darauf abzustützen, während sich das Küchenleben langsam organisiert.
Wir sind es gewohnt, in Geschäften unzählige Muster von Farben und Materialien zu sehen – also würden wir schon sehen, was wir wählen.

Baumärkte gibt es aber hier keine.
Aber einen Holzhandel – und der hatte tatsächlich Arbeitsplatten.
Zwei Stapel, meterhoch und 3,80 Meter lang.
Und wo sind die kürzeren?
Wie bitte, kürzere? Das macht man doch selbst.
Und die Farben? Kein Problem: schwarz mit Sprenkeln oder weiß mit Sprenkeln.
Dann eben schwarz – in unserem Marmor gibt es schließlich auch hier und da schwarze Flecken, das müsste passen.

Es gab nur ein Problem: Sie konnten nicht sägen.
Nicht „heute nicht“ oder „ein bisschen warten“, sondern gar nicht.
Keine Maschine, kein Mann, keine Säge.

Aber da war er dann auf einmal: ein Mann mit einem Lastwagen und einem Lächeln.
Er kannte „einen Ort“, wo man sägen konnte.
Noch bevor wir etwas verstanden, war im Holzladen bereits eine Diskussion ausgebrochen, wer uns helfen durfte, und er hatte offensichtlich Lust dazu.

Als wir einigermaßen verdutzt, aber glücklich nickten, begann er eine ausgiebige Zeremonie, um die Platte auf seinem Pickup zu montieren.
Das musste natürlich gründlich geschehen – er strahlte über den Auftrag und wollte Eindruck machen.
Das gelang, zumindest aus meiner Sicht, nur mäßig.
Mir blieb das Herz stehen: So hätte ich das nie gemacht.
Bei einer richtigen Bremsung würde das Brett fliegen, und in einer Kurve sicher ein paar Fußgänger mitnehmen.

Und doch fuhren wir hinter ihm her – durch ein Labyrinth staubiger Straßen, in dem selbst Google Maps ratlos wirkt – und alles ging ohne Zwischenfall.

Die Sägerei entpuppte sich als halboffene Halle mit einer Maschine, die aussah, als stünde sie dort seit dem letzten Jahrhundert – was wahrscheinlich auch stimmte.
Die Männer maßen, nickten, sagten tu dret (alles gut), und die Platte wurde fachgerecht auf das angegebene Maß geschnitten.
Emile hatte es genau aufgeschrieben und fächelte stolz mit dem Zettel aus meinem Notizbuch.
Wir lächelten erleichtert: Das würde klappen.

Und dann nach Hause.
Diesmal war die Platte natürlich kürzer und passte besser in die Ladefläche.
Ohne Sorgen fuhren wir wieder hinterher.

Zuhause, zwischen dem Summen des Ventilators und dem Duft von Kaffee, legte Emile die Platte an ihren Platz.
Einen Moment Stille.
Dann dieses leise „oje“, das sich wie in Zeitlupe durch den Raum bewegt.
Die Platte war zu lang.
Nicht ein bisschen – viel zu lang, um mit der Marmorplatte einen ordentlichen rechten Winkel zu bilden.

Ich sah ihn an, er sah die Platte an, und wir schwiegen in der Hitze.
Die Trottel.
Fahren wir durch die halbe Stadt – und dann sägen sie falsch!
Der Zettel aus meinem Notizbuch wird wütend zerknüllt, wieder geglättet und noch einmal nachgemessen.
Wir stehen kurz davor, wieder loszufahren,
da sieht Emile, was schiefgelaufen ist.

Der Fehler lag nicht beim Laden, nicht bei der Sägerei, nicht bei den Göttern von Mindelo –
sondern einfach bei uns selbst.
Ein kleiner Rechenfehler, ein Zollstock, der falsch gelesen wurde,
und dieser Moment von ach, das wird schon stimmen.
Die Art von Irrtum, die zum Bauen in der Sonne gehört.

Da nahm Emile die Handsäge.
Langsam, konzentriert, als führe er ein altes Ritual aus.
Der Schweiß tropfte, das Holz sang,
und irgendwo zwischen zwei Zügen löste sich die Spannung – wir begannen zu lachen.
Lachen über die Hitze, über die Genauigkeit, die doch wieder dem Gefühl folgte,
über die Absurdität, alles so ernst nehmen zu wollen.

Und am Ende passte es.
Ein bisschen schief vielleicht, aber mit Liebe gesägt.
Jetzt liegt die Platte noch immer dort – mit Obst und der blauen Kanne darauf,
als wäre es genau so gedacht gewesen.
Abgesägt, ja.
Aber angelacht – vollkommen

 

 

8 Zahn der Zeit

Es begann mit einem Schraubenzieher.
Oder besser: mit seinem Verschwinden.

Emile hatte ihn gerade noch in der Hand gehabt, oben im Schlafzimmer.
Jetzt war er nirgends mehr zu finden.
Wir sahen in seine neue Werkzeugkiste – eben erst gekauft,
weil das übrige Werkzeug noch im Container steht –,
in die Duschwanne, unter die Treppe.
Nichts.

Er seufzte.
Ich versuche noch den ganzen Tag in meinem Gedächtnis zurückzuspulen,
aber es war heiß, der Wind wehte Wüstenstaub durch die Tür,
und irgendwie schien es doch sinnlos, sich aufzuregen.

Dann sah er mich an – mit einem Lächeln, das ich sofort erkannte.
Ein Lächeln, das zurückführte in ein anderes Leben.

In einem belgischen Wald, fern von allem und jedem,
lebte er in einem Haus voller Kinderlärm, Baumwurzeln und Holzwände.
Er, seine Frau, zwei Söhne – und eine Schublade voller Besteck.
Bis zu jenem Morgen.

„Wo sind die Gabeln geblieben?“, fragte sie.
Er zuckte die Schultern und ließ seine Gedanken abschweifen,
im Rhythmus von Kinderstimmen und Kaffeegeruch.
Doch als er selbst in die Schublade sah, bemerkte er es auch:
Sie waren weg.
Alle.

Gestohlen? Versteckt?
Einfach … verschwunden.

Sie kauften neue, beobachteten– mehr oder weniger unbewusst aber weiterhin alles und jeden.
Sie schauten in Müllsäcke.
Sie hielten die Kinder im Auge.
Doch nichts. Die Gabeln blieben verschwunden.

Bis ein halbes Jahr später.
An einem kühlen Herbstmorgen, beim Jäten des Unkrauts
in den Beeten hinter dem Haus, blitzte etwas Metallisches aus der Erde.
Und dann noch eines.
Und noch eines.

Sie standen dort.
Alle.
Eine nach der anderen in die Erde gesteckt,
als wären es junge Bäumchen.
Die Stiele tief im Boden, die Zinken leicht sichtbar über der schwarzen Erde –
glänzend im Sonnenlicht.
Perfekt ausgerichtet.
Wie ein rätselhaftes Ritual.

„Wer hat das getan?“, fragte er leise,
wie in einem Krimi, in dem der Täter noch unbekannt ist.
Die Kinder zuckten mit den Schultern – für sie war die Welt ohnehin
noch ein einziges großes Rätsel.
Der Hund blickte schuldbewusst zur Seite;
er hatte auch nicht aufgepasst.
Niemand hatte etwas gesehen.

Und vielleicht war das auch besser so.
Denn seitdem weiß er:
Das Unerklärliche existiert.
Und manchmal – ganz selten –
hat es Zähne aus rostfreiem Stahl.

Zurück in Mindelo schaut Emile auf die leere Stelle im Regal,
wo der Schraubenzieher liegen sollte.
Er lächelt immer noch.
„Gib ihm ein halbes Jahr“, sagt er. „Dann steht er aufrecht im Garten.“

Und ich weiß,
es könnte durchaus so kommen

 

 

7 Der Kassenzettel

Der Tag im Efteling mit unserem kleinen Volk war wie ein märchenhafter Abschied. Achterbahnen, Gelächter, zuckersüßes Glück – alles, um den Aufbruch etwas leichter zu machen. Und doch blieb dieses stille Gewicht, das Bewusstsein, dass wir nun wirklich losließen.

Dann der Flug zurück nach Mindelo. Eine Landung voller Verheißung und Unsicherheit zugleich. Der Vertrag war unterschrieben, die Schlüssel endlich in unserer Tasche – und doch war das Haus noch leer. Ohne Strom, ohne Wasser. Eine Hülle aus Mauern, die auf Leben wartete.

Wir zogen von Hotels zu Apartments, von Gästezimmern zu provisorischen Betten. Ein Dasein aus Koffern, immer unterwegs, nie ganz angekommen.

Und gerade in dieser Zwischenzeit, im scheinbar ganz Alltäglichen, begannen sich die Lektionen zu verbergen. Sogar in der Schlange an der Supermarktkasse, wo ein Kassenzettel plötzlich mehr zu erzählen schien als ein Buch.

An der Kasse fällt mir die stoische Ruhe auf, mit der hier jeder Artikel aufgehoben, betrachtet und dann sorgfältig mit Artikelnummer und noch ein paar Spalten – wie in einer Exceltabelle – eingetragen wird.
Nach jeder Reihe mit ein glückseligem Blick in die Runde schauen… stolz: 
Was habe ich das wieder gut gemacht!

Beim ersten Mal schüttelte ich empört den Kopf. Zeitverschwendung, Fehlerquelle, nutzlose Arbeitsbeschaffung! Bis ich mich an die klassische Aussprache meines Schiffsnachbarn aus Olhão erinnerte:

„Du musst den Prozess genießen!“

Nicht denken: wäre ich doch schon fertig, schon bei Punkt B. Nein – das hier ist Punkt B. Genau hier geschieht es.

Wir haben hier keine Karrieren, keine großen Sprünge, keine Eile. Einfach die Reihe, der Kassenzettel, der Moment.

Ich erinnere mich an ein spirituelles Buch, das einmal genau das sagte. Ich habe es gelesen, glaube ich, aber wenig behalten. Als hätte mein Gehirn nur ein einziges Bonbon gekostet und den Rest liegen gelassen.

Und jetzt – hier, in einem Supermarkt zwischen Bohnenbüchsen und Plastiktüten mit Reis – schmecke ich plötzlich die Essenz. Kein Buch nötig. Nur ein Kassenzettel.

 

 

6 Ein guter Anwalt?

Wir sagten, wir würden noch eine Nacht darüber schlafen, aber viel kam nicht dabei heraus. In Gedanken war ich schon beim Einrichten und Emile steckte mitten in den Verhandlungen. Die Entscheidung war eigentlich längst gefallen.

Uns blieb noch eine Woche. Würde der vorläufige Kaufvertrag in dieser kurzen Zeit zustande kommen, oder müssten wir unseren Rückflug verschieben, oder bald zurückkommen, um alles zu erledigen? Letzteres schien riskant: Aufschub, Sinneswandel, andere Bieter… Nein, es musste jetzt geschehen. Erster Schritt: ein Anwalt, um die Dokumente zu prüfen.

Eine Freundin riet uns dringend, das nicht auch über den Makler zu machen – er würde es wohl allzu rosig darstellen. Aber kein Problem: Sie kannte jemanden. Am liebsten hätte sie selbst Jura studiert, erzählte sie, und sie hatte einen fast ehrfürchtigen Respekt vor allen, die das getan hatten. Noch am selben Tag hatte sie einen Termin für uns vereinbart. Sehr außergewöhnlich, und zudem: Er sprach Englisch.

Sein erster Satz auf Portugiesisch war, dass es eine Schande sei, dass wir noch kein Portugiesisch sprächen, gefolgt von dem einzigen englischen Satz des Gesprächs: “Ei tokk to juu.” Danach sprach er ausschließlich Kreolisch, direkt zu unserer Freundin. Wir verstanden kein Wort, aber sie blickte ihn mit einer Art wissenschaftlicher Verliebtheit an und übersetzte ab und zu ein Bröckchen.

Ich dachte: Wir werden schon sehen. Er wollte uns ein Angebot machen mit einer Erklärung, was zu tun sei und was es kosten würde. Am nächsten Tag kam jedoch nur eine Liste mit den Kosten, die bei einem Hauskauf anfallen – ohne Spezifizierung seiner eigenen Arbeit – und ein hoher Betrag für ihn selbst. Viel zu abstrakt, viel zu vage. Als wir unsere Zweifel äußerten, winkte unsere Freundin ab: „Ach, Männer sind nicht gut in administrativen Dingen, vertraut einfach darauf, dass es schon passt.“

Das schlug ein wie eine Bombe. Sollte das die Philosophie sein, die auch die unsere werden musste? Kein Halt, Vertrauen auf Vermutungen? Später würde ich diese Hingabe, diese gemütliche Machtlosigkeit, noch besser kennenlernen – aber in diesem Moment war ich nicht so weit.

Nach weiterem Herumfragen stellte sich heraus, dass der beste Anwalt der Insel doch mit dem Maklerbüro verbunden war. Und ehrlich: Nach einem guten Gespräch, in dem ich zum ersten Mal das Gefühl hatte, dass wir einander verstanden, konnte die Vorbereitung des Kaufvertrags beginnen.

Wir mussten eine NIF-Nummer beantragen (eine Art Steuer-ID), ein Bankkonto eröffnen, Nachweise für allerlei Daten liefern – bis hin zu den Namen und Geburtsdaten unserer Eltern. Es war hektisch. Den vorläufigen Vertrag unterschrieben wir digital, an unserem letzten Tag, mit der Klausel, dass der endgültige Vertrag innerhalb von zwei Monaten folgen würde. Noch viele weitere Papiere würden nötig sein, aber wir waren fest entschlossen: Das wollten wir, und wir würden alles dafür tun.

Im Flugzeug nach Hause flüsterten wir uns zu: „Wir haben ein Haus auf Kap Verde gekauft.“ Als ob wir es erst jetzt richtig begriffen. Es klang unwirklich, war aber eigentlich die logische Folge unseres Gefühls, dass wir besser ein Haus außerhalb Europas haben sollten.

Meine Eltern hatten mir oft erzählt, wie es sich in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg anfühlte, und ich sehe jetzt viele Parallelen. Falls es schiefgehen sollte, wollten wir einen Ort haben, an den auch unsere Kinder kommen könnten. Wir hatten schon nach Marokko und Brasilien geschaut – beide mit ihren Vorzügen – und nun lag plötzlich, unerwartet, ein Haus genau dazwischen. Wir hatten es nicht einmal in unserer „himmlischen Bestellung“ genannt, und doch war es da.

Und jetzt: zurück nach Deutschland. Den Container füllen mit allem, was uns lieb und praktisch ist, und unseren Kindern erzählen, dass wir noch weiter weggehen würden als nach Portugal. Dass ich sie sicher vermissen würde, wir aber mit einem Grund gingen, den wir hoffentlich nie brauchen würden. Und dass am Ende hoffentlich nur das ruhige Leben, die Sonne und die Musik bleiben würden.

 

5 Ein Haus aus dem himmlischen Webshop
 

Also gingen wir mal schauen.. Wir gingen auf Besichtigung. Wir sahen Wohnungen, neu, ordentlich und gepflegt, mit glänzenden Fliesen und glatten Wänden. Alles stimmte — und doch stimmte etwas nicht. Wir liefeb da durch als wären wir in einer Musterwohnung aus einem Katalog gelandet: sauber, praktisch, luxuriös und mit spektakulärer Aussicht … aber es war keine Liebe auf den ersten Blick.
„Vielleicht“, sagten wir zueinander, „vielleicht ist das eine Option, irgendwann, wenn wir noch einmal zurückkommen.“ Aber eigentlich spürten wir es schon: Dies war nicht der Ort, für den wir unser Zigeunerleben an Bord aufgeben würden.

Ja, was wäre es dann? Wofür würden wir uns denn wohl sofort entscheiden?

Lass uns doch einfach herausfinden, was wir uns wünschen, so als würden wir eine Bestellung in einem himmlischen Webshop aufgeben. Meine erste Forderung war, dass man außen herumgehen konnte, und dass es etwas mit einem Augenzwinkern gab, ein unerwartetes Detail, das dich zum Lächeln brachte. Und dann eine Galerie mit einer sehr hohen Wand, um viel wechselnde Kunst zu zeigen. Das war schon immer mein Wunsch gewesen: meine Werke aus den Stapeln zu holen und sie einfach zu genießen.

Ein kleiner Vorder- und Hintergarten, gerade genug, um draußen zu sitzen. Großartig wäre ein kleines Schwimmbecken, um ein paar Züge zu machen – und beide Gärten nicht zu groß, damit wir nach weiteren Reisen keinen verwilderten Garten vorfinden würden.

Vier Schlafzimmer, damit jeder einen Platz hatte. Zwei kleine Bäder. Eine Küche, in der man leben konnte. Und natürlich eine Dachterrasse mit Aussicht.

Wir zählten es lachend auf, als stellten wir eine Märchenliste zusammen. Unmöglich – und doch wunderbar, es laut auszusprechen. Wer bestellt schon einfach so ein Haus, mitten auf dem Atlantik?

Und dann geschah das Unerwartete. Antonio und Luna zwinkerten sich zu und sagten: „Wir kennen noch jemanden. Es steht zufällig so etwas zum Verkauf. Geht doch auch da noch mal schauen.“ Einen Tag später fuhren wir in das Viertel. Es war, als würden wir durch einen Schleier aus Staub und Sonnenlicht zu etwas Neuem geführt. Die Straßen lagen unordentlich da: halbfertige Häuser, streunende Hunde und Müllsäcke, Frauen, die sich von Türschwelle zu Türschwelle Geschichten zuriefen, und Farben … jedes Haus musste noch schöner sein als das der Nachbarn. Die Palette des örtlichen Farbenhändlers war verschwenderisch genutzt worden.

Wir hielten vor einem schlichten Tor. Kein stattlicher Eingang, keine glänzende Fassade. Die Farbe war verblichen, doch spielerische Bögen ließen das kleine Haus im portugiesichen Stil charmant wirken. Kein Spektakel. Einfach ein Haus. Aber als wir durch den Vorgarten gingen, geschah es. Unsere Blicke trafen sich, und wir wussten es sofort: Das war kein Zufall. Das war unsere Bestellung, millimetergenau geliefert.

Noch keine Nachbarn; man konnte um das Haus herumgehen, genau wie wir es uns gewünscht hatten. Zwar gab es Büsche und viel Bauschutt, und es sah so aus, als hätten die Nachbarn bereits mindestens ein Fundament gelegt….vor vielen Jahren.

Und dann das Wohnzimmer mit einer überwältigenden Galerie, die das Licht hineinzog. Kleine Gärten vorne und hinten, noch unordentlich und staubig, aber voller Versprechen. Vier Schlafzimmer — wir zählten sie laut — als hätte jemand uns ausgelacht und doch alles notiert. Zwei kleine Bäder. Eine Küche, in die das Tageslicht strömte, breit genug für große Töpfe und lange Gespräche. Und oben eine Dachterrasse mit einer Aussicht, die dir den Atem nahm.

Wir standen da, verblüfft, und gleichzeitig brachen wir in Lachen aus. Als würde die Insel selbst zu uns sagen: „Bestellung empfangen. Hier ist es. Willkommen.“

 

 

 

4  Vom Holzwurm zur Frikandelle

Zurück in Mindelo wartete das „Haus des guten Tages“. 
Eine kleine Pension, laut Beschreibung ein gemütlicher Ort, um unsere Reise zu beenden.

Treppen überraschten uns nicht mehr. 
Aber die Schlafzimmerschränke – ganz offensichtlich ein anderes Wellnessprojekt, das der Holzwürmer – schon. Ebenso die Matratzenauflage mit eigenem Ökosystem und die Bettlaken, 
die ihr bestes Jahrzehnt längst hinter sich hatten.
Meine Nachfrage dazu wurde ganz lässig beantwortet: „Wir sind im Prozess, die Schränke zu ersetzen.“
Natürlicher Prozess, dachte ich. Abwarten ist schließlich auch eine Methode: die Natur regelt das irgendwann von selbst. Wir konnten es nachts hören. Emile war aber überzeugt, dass diese Tierchen bestimmt nicht an uns knabbern würden

Unterdessen wollte die Organisation etwas wiedergutmachen – das Versäumnis, meine eingeschränkte Mobilität zu berücksichtigen. Sie bot uns einen Ausflug in Mindelo an … einen halbtägigen Stadtrundgang mit einem vortrefflichen Führer! Das Wo-ist-die-Kamera-Gefühl ließ mich nicht los. Manchmal kam es mir vor, als liefen wir durch ein absurdes Theaterstück, in dem jeder seine Rolle mit voller Überzeugung spielte.

Und doch: zwischen all diesen Eigenheiten, dem Nagen der Holzwürmer und der beinahe komischen Kompensation, fanden wir zu Antonio und Luna. Wir hatten keinen Kontakt zu ihrem B&B bekommen und beschlossen einfach, dort vorbeizugehen. Vor der Tür geschah zunächst nichts – bis plötzlich ein Junge von vielleicht zehn Jahren seinen Kopf aus einem Fenster im dritten Stock streckte und rief: „Mama, da sind Leute!“ – auf Niederländisch!

Wir schauten uns verwundert an: hatten wir Heimweh und uns verhört? Aber nein, kurz darauf erschien seine Mutter selbst. Mit einem ohrenbetäubenden Lachen, halb Rotterdams, halb Kreolisch, öffnete sie die Tür. „Ach, nicht reserviert? Ich habe noch ein kleines Zimmer!“

Und so saßen wir keine Stunde später bei ihnen am Tisch. Wir mussten gleich mitessen: kreolisches Bier, portugiesischer Wein … und – man glaubt es kaum – niederländische Frikandellen! Sie hatten sie zufällig an diesem Tag im Gefrierschrank des Minimarkts um die Ecke entdeckt. Zugegeben, nie mein liebster holländischer Snack, aber in dieser Umgebung – mit all der Fröhlichkeit und Gastfreundschaft – wurde es ein Festmahl.

Es hat gleich gefunkt, und weil Luna jahrenlang in Emiles Rotterdam gelebt hatte , fühlte es sich an wie zurückgefundene Nachbarn und Luna meinte ganz spontan:  Ihr müsst hierherziehen!“ 

Nun ja – wir waren ja ohnehin auf der Suche nach einem neuen Platz außerhalb Europas. Marokko oder Brasilien standen auf unserer Liste, Länder, in denen wir Freunde hatten und die uns ein wenig vertraut waren. 
Aber hier, auf Cabo Verde, saßen wir genau in der Mitte. Mit De Max könnten wir später in alle Richtungen weiterziehen.

Und nach ein paar Gläsern Wein schien die Idee immer schöner. Als wäre es selbstverständlich und genau der Grund warum diese Insel uns gerufen hatte.
Und dann die nächste Überraschung: sie kannten zufällig jemanden, der ein Apartment zu verkaufen hatte. 
Anschauen kann ja nicht schaden, dachten wir.

 

 

3  Geländer

Wir reisten weiter. Zur nächsten Insel.
Eine Fähre bei Windstärke sechs, Plastiktüten inklusive.
Dann eine abenteuerliche Autofahrt durch Gestein mit Lagen von unterschiedlicher Struktur, Farbe und Zusammensetzung, vor Jahrhunderten von magischen Kräften heraufgewälzt.
Es lag da wie ein erstarrter Strom. Massiv und schwer – und doch, als wäre es mit einer seltsamen Leichtigkeit entstanden. Ich fühlte mich klein und zugleich dankbar, dass diese Kraft für uns einen Moment stillstand.

Und dann das Resort mit Naturteich.
Das Taxi hielt an einer schmalen Gasse, die zu vierzig Steinstufen hinunterführte. Ohne Geländer. Mit Koffern. Wo ist die Kamera? dachte ich. Das musste ein Scherz sein. Aber nein, dies war der Eingang.
Wie unsere Koffer nach unten kamen, weiß ich nicht mehr. Ich erinnere mich nur, wie ich mich an jedem Stein der Mauer festklammerte, um meine Knie zu schonen. Es gelang. Der kühle Teich wartete.

Der Naturteich. Eigentlich war mir die Idee unheimlich. Sicher gäbe es dort große Fische und Pflanzen, in denen man sich verfangen könnte – und man konnte sie nicht sehen!
Doch es war anders. Der Boden klar erkennbar. Eine Grube mit schwarzer Folie, gefüllt mit glasklarem Wasser. Keine Fische, keine Pflanzen, keine Panik.
Dann sprang Emile als erster. Und plötzlich war es doch Natur. Knabberfische! 
Sofort machten sie ihn zu ihrem neuen Wellnessprojekt. Er kam blitzsauber heraus. 
Ich war weniger überzeugt vom entspannenden Moment.

Die Zimmer lagen versteckt zwischen Palmen, am Berghang. Romantisch und tropisch, zwischen Palmen, Bananen und vielen Stufen und die Luft war überwältigend. Tiefes Einatmen war fast eine Köstlichkeit – besonders, wenn man sich dessen ganz bewusst erfreuen konnte. Mein Aquarellset und die Hängematte zwischen den Bäumen waren himmlisch, und mir fehlte keine einzige sportliche Betätigung.

Die Insel erwies sich als Paradies für Wanderer. Jeden Abend kehrten Paare erschöpft zurück, hungrig und schweigsam, und stürzten sich auf das Buffet. Da es weit und breit kein Restaurant gab, ergab sich jeder dem festen Menü. Mit stoischem Blick wurden undefinierbare, aber sicher liebevoll gekochte Mischungen verzehrt.
Nach zwei Tagen gab es verbrannte Pfannkuchen zum Nachtisch. Alle aßen sie stillschweigend, als handle es sich um eine Delikatesse die man nicht beleidigen durfte.
In einem Paradies scheint Entbehrung wohl dazu zu gehören. Wir hatten genug und buchten ein anderes Hotel. Die Reiseagentur entschuldigte sich, doch unsere Bitte, meine eingeschränkte Mobilität zu berücksichtigen, war irgendwo verloren gegangen.

Dann ein Hotel wie ein modernes Schloss. Ein Fest für uns zwei Bühnenbildner mit Sinn für dramatische Architektur.
Es war gelungen, die Essenz eines Schlosses einzufangen: hohe Räume, schwere Draperien, theatralische Effekte – und vor allem eine Küche von adligem Rang.
Wir blieben nur eine Nacht, denn das nächste Spektakel wartete schon.

Zimmer über dem Wasser. Muss man gesehen haben, dachten wir.
Unsere Suite: eine Mischung aus Küche und Alkoven-Bettkasten, ohne Ausblick – zumindest nicht vom Bett aus. Es gab Holzstühle am Fenster, in denen wir nur in einer Position verharren konnten. Muss Natur und Abenteuer so hart sein?

Wir tauschten gegen ein kleineres Zimmer mit Horizont, direkt vom Bett aus. Die Einheimischen schüttelten den Kopf. Wer gibt schon eine Suite auf für ein Bett mit Aussicht? Wir taten es.

Und wir haben es gespürt.
In der Broschüre stand: Geländer stören die Ästhetik. Also keine. Die Treppen mit ihren unerwarteten Abzweigungen wurden selbst zum Abenteuer.
Der Ausblick verzauberte Emile. Er verpasste eine Abzweigung. Trat ins Leere.
Für einen Moment stand alles still. Ich sah ihn schweben – in der Aussicht.
Dann gelang es ihm, mit einem zirkusreifen Salto drei Meter tiefer setlich im Gebüsch zu landen.
Wir zitterten. Einen Augenblick lang spürte ich etwas wie Heimweh. 
Doch es war gut ausgegangen, meinte Emile. Also hop – ein Glas an der Bar.
Ein Toast auf den Salto des Lebens

 

 

 2  Landung und Erwartung

Was kann schon schiefgehen, wenn alles perfekt organisiert ist?

Und dann sind wir da. Ein langer, aber angenehmer Flug, abgeschlossen mit einer spektakulären Landung. 

Für mein Gefühl genau zwischen zwei Bergen, mit etwas Geschaukel, aber sanft abgesetzt auf einer staubigen Landebahn.

Das Tropengefühl schlägt sofort zu, sobald die Türen aufgehen: zwanzig Grad wärmer als in Amsterdam, ein langer Weg zum Flughafengebäude, der warme Wind in meinem Haar. Ja, so musste ein tropisches Paradies für mich sein.

Wir hatten es nicht eilig mit dem Aussteigen, denn wir kamen ja für die Ruhe. 
Aber drinnen, in der Schlange bei der Passkontrolle mit zweihundert Menschen vor uns und viel zu warmer Kleidung, war der Empfang doch sehr heiß.

Unterdessen dachte ich zurück an die Vorbereitungen. Das Reiseprogramm sah blendend aus. 
Wir, sonst freie Vagabunden, die unterwegs entscheiden, wohin sie gehen, hatten beschlossen, 
uns einmal verwöhnen zu lassen. Alles geregelt, alles passend. 
Keine Improvisationen, keine „Wo schlafen wir heute Nacht?“-Momente.

Den Fragebogen füllten wir brav aus: Budget, Wünsche, Einschränkungen. 
Meine Forderung war klar: keine Treppen, denn schmerzende Knie hatten mich seit Monaten eingeschränkt und kein Arzt oder Physiotherapeut hatte eine Lösung. Kein Problem, versicherte man uns. Alles mit Aufzug oder ebenerdig. Wir fühlten uns wie VIPs in einem Prospekt. Hotel am Hafen, Blick auf Schiffe. Resort in den Felsen. Ein Naturteich im Dschungel. Was sollte da schiefgehen?

Kurz kam Zweifel auf: Gleich nach der Buchung erschienen unheilvolle geopolitische Nachrichten. Stornieren? Wir waren zwei Stunden zu spät, also nein — wir mussten eben fahren. Ach, Abenteuer!

Die Schlange überstanden, und da stand er schon: ein stolzer kapverdischer Taxifahrer, charmant und fröhlich, mit unserem Namensschild in der Hand. Sein Bus hatte so viele Touristen transportiert, dass die Sitze kaum noch erkennbar waren. Sicherheitsgurte? Ach, hier nicht Pflicht, und die meisten Autos haben sowieso keine.

Also hielt ich mich fest am „Oh-shit-Handle“, in der Hoffnung, dass der wenigstens funktioniert. 
Die Fahrt führte durch eine stille, trockene Landschaft, die mich sofort in eine traumartige Trance versetzte. 
Ja, wir sind gelandet.

Das komfortabelste Hotel war unsere erste Station. Mit Aufzug, wie versprochen. Das Foto mit Aussicht auf dier Marina hatte große Erwartungen geweckt: dort könnten wir vielleicht irgendwann einmal mit unserem Schiff anlegen. Leider sahen wir aus dem Zimmer nur Mauern und Balkone.

An der Rezeption äußerten wir unsere Enttäuschung und baten freundlich, aber bestimmt um ein Zimmer mit Aussicht wie im Prospekt. Aber das war ein Superior-Zimmer und das war nicht für uns gebucht. 
Die Enttäuschung war uns wohl deutlich anzusehen, denn nach kurzer Rücksprache mit dem Manager durften wir doch in solch einem Zimmer mit Aussicht unsere Koffer auspacken.

Die Entdeckung, dass wir die Regie aus der Hand gegeben und auf die Reiseorganisation und den schönen Flyer vertraut hatten und genau das nicht bekamen, was wir erwartet hatten, brachte mich zum Nachdenken. Welche Lektion verbarg sich darin? War das ein böses Vorzeichen oder nur der Beweis, dass wir uns soch besser um alles selbst kümmern müssen?

Die Stadt zu unseren Füßen, die Marina auf einem Tablett in einem schicken Hotel mit eigenem Restaurant und Swimmingpool auf dem Dach, gleich neben dem Frühstücksraum. Wir genossen es und kamen zur Ruhe und kommen jetzt erst richtig an. Die Musik in der Stadt, die übermäßig bunt gestrichenen Häuser, die Sonne und die Wärme machten alles wieder gut. Nach drei Tagen Erholung wartete schon die nächste Etappe: die schönste Insel von Kap Verde.
Dann geht es nächstes Mal gleich los mit de Ferry im Haven.
 

 

 

 1  Ein Paradies ruft

Manchmal gibt es einen Ort auf der Erde, der dich ruft.
Nicht mit Worten. Nicht mit Wegweisern.
Sondern leise, wie ein Echo von etwas, das in dir gespeichert ist und immer stärker erwacht.

Du schaust auf die Wetter-App. Wie warm ist es dort gerade?
Ist Regenzeit, oder weht noch der Nordost-Passat?

Du spielst Cesária Évora. Miriam Makeba. Frauen mit Stimmen wie der Wind – unausweichlich und frei.

Du saugst alles auf: Artikel, YouTube-Videos, Forenbeiträge, einen wirren Blog eines verirrten Niederländers.
Du weißt noch immer nichts. Und doch wird es immer sicherer.

Wie komme ich dorthin? Und wann?

Und dann buchst du die Reise. Ein sorgfältig zusammengestelltes Programm, mit liebevoll gewählten Stationen.Du willst alles auf dem Silbertablett. Keine Sorgen. Keine schmerzhaften Schritte. Kein Raum für Zweifel oder Reue.

Dein Traum soll makellos landen. Ein Eintauchen in Sonne, Sanftheit und Fürsorge.
Damit dich nichts weckt aus dem Bild, das du so lange in dir trägst: dem Bild eines Paradieses.

Und dann, zwischen Koffern und Tagträumen, taucht auch ein Gespräch mit meiner Schulfreundin auf.
Wir kennen uns, seit wir gemeinsam auf dem Tisch im Gesundheitsamt lagen, um Weihnachten 1954, beide gerade erst in dieses Leben gekommen. Wir hörten in unserer Kindheit von einem biblischen Paradies, von Adam und Eva und dem Apfel, der nicht gegessen werden durfte. Mit ein wenig Traurigkeit und doch mit Lebensmut sind wir uns einig, dass ein irdisches Paradies wohl schwer zu finden ist- aber ich gebe so schnell nicht auf…..Wie wäre es in meinem Paradies? Gutes Essen wird wohl wichtig sein, also hoffen wir, dass es gut geht.

Die Vorfreude kann beginnen: Koffer gepackt und endlich im den richtigen Sitz landen – mit welcher Nummer noch mal? – und an nichts mehr denken.

…aber beim nächsten Mal stellt sich die Frage: Ist „landen“ dasselbe wie „ankommen“ ?

Monika Jacobi

Badhuisstraat 207
4382 AM Vlissingen

tel:      0646169698
email: info@destrooom.nl