Hier findet ihr die Geschichten von unserer Reise nach Kap Verde.
…mit Einsichten, die man nicht plant – die einen aber trotzdem finden.
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Der Entschluss stand fest: Heute würden wir zum schönsten Strand der Insel fahren , nach Baía das Gatas, wo jedes Jahr auch das große Musikfestival stattfindet.
Die Sonne stand schon hoch, der Himmel war tiefblau, und die Straße dorthin, zwischen Bergen und der wilden See machte die Fahrt zu einem kleinen Abenteuer.
Die Inselbewohner waren uns längst voraus.
Sie kamen nicht einfach an den Strand…. sie zogen um.
Ganze Familien, von der Wiege bis zur Großmutter, erschienen mit Handwagen, Zelten, Plastikstühlen, Kochplatten, Radios, Kühlboxen und endlosen Mengen an Essen.
Jeder richtete sich ein, als wäre dies für einen Tag sein kleines Königreich.
Überall roch es nach Holzkohle, Sonnencreme und guter Laune.
Eine fröhliche Kakophonie aus Stimmen, Rufen, zischenden Grills und dröhnender Musik aus tragbaren Boxen – ein kapverdisches Hyde Park Speakers’ Corner, wo jeder gleichzeitig so laut wie möglich seine Meinung verkündet …und es schien, als würde niemand wirklich zuhören und doch alle es verstehen.
Ich ging ins Wasser, die sanften Wellen fühlten sich an wie Seide,
und ließ mich treiben, bis meine Ohren untertauchten.
Plötzlich war alles still.
Nur das langsame Seufzen meines Atems und das tiefe rhythmische Pochen des Meeres.
Die Welt über mir wurde zu einem flimmernden Film aus Licht und Bewegung.
Ich dachte an Masaru Emoto, den Mann, der behauptete, Wasser könne Gefühle lesen und Muster formen aus Liebe oder Hass.
Was hätte er hier gesehen?
Millionen Moleküle, aufgeladen mit Musik, Lachen, Stimmen von Generationen –
ein flüssiges Gedächtnis des Lebens selbst.
Dann, ganz leise, drang etwas Neues durch die Stille.
Erst ein Zittern, dann ferne Rufe, die durch das Wasser brachen.
Ich tauchte auf, wischte mir das Salz aus den Augen.
Am anderen Ende der Bucht zeigte eine Menschengruppe aufs Meer, rief und lachte.
Das Geräusch schwoll an, brandete auf in einem Sturm aus Lachen.
Ein Grill, noch rauchend, hatte sich gelöst und trieb nun majestätisch aufs offene Meer hinaus.
Langsam, mit jener Würde, die nur Dinge ohne Bewusstsein haben, glitt das Metallungetüm davon –
ein kleines Inselchen aus Duft, Feuer und Rauch.
Ein Mann sprang hinterher, nur in Badehose, fuchtelnd mit einem Pfannenwender.
Die Menge jubelte, klatschte, johlte, als hätte das Meer selbst einen neuen Teilnehmer des Festivals aufgenommen.
Vielleicht, dachte ich, fordern die Götter des Meeres einfach ihren Anteil.
Hier, wo Fische leben, die so köstlich schmecken, dass ihr Name noch auf der Zunge bleibt,
wo jede Mahlzeit ein Dank an das ist, was schwimmt und stirbt,
muss auch das Wasser selbst manchmal Hunger haben.
Und so nahm es, mit einer einzigen gemessenen Welle, den Grill zurück in seine Tiefe.
Oder ist es die Sonne, die meine Gedanken so sehr erwärmt hat,
dass sie zusammen mit dem Glas Wein meiner Fantasie Flügel verlieh?
Ich sah zu, halb treibend, und dachte:
Vielleicht sucht alles, was lebt, dieselbe Nähe –
den Ort, an dem Spannung sich löst,
an dem Feuer und Wasser sich begegnen,
und selbst der Stahl lebendig wird.